oder über eine der Kernfragen unserer Zeit.
Welche Kettenreaktionen werden ausgelöst, wenn eine moralische Bürde in Form einer unberechtigten Generalschuld einem Volk, einer Ethnie oder einer Gruppe übergestülpt wird und um den Preis hegemonialer oder religiöser Bestrebungen, globaler Finanz- und Wirtschaftsinteressen ausgesaugt, gedemütigt, getreten und abhängig gemacht werden soll? Das Spiel mit dem „Schwarze-Peter“ wird in Gang gesetzt.
Es liegt in der Natur der Sache das sich in diesem harmlosen Kartenspiel mindestens zwei Kontrahenten gegenüberstehen müssen. Mit Beendigung der Partie steht der Sieger und der Verlierer, der Triumphator und der Unterlegende fest. Der unterlegene hat den Schwarzen Peter gezogen.
Bei einem Kartenspiel mag das ohne Konsequenzen sein. Es sei denn, man hat um hohe Summen oder wertvolle Gegenstände gezockt. Im Regelfall werden die Spielschulden vom Verlierer bezahlt, denn schließlich kannten alle Teilnehmer die festgelegten Regeln. Man trinkt vielleicht noch ein Gläschen auf Kosten des Verlierers zusammen und debattiert über Schachzüge, die ausschlagend für das augenblickliche Pech oder Glück waren. Man trennt sich zumeist mit den Worten „Neues Spiel, neues Glück“ und das war es.
Den Schwarzen Peter im realen Leben gezogenen zu haben, bedeutet jedoch nicht nur vom Pech aktuell verfolgt zu sein und seine Spielschulden zu begleichen. Dem Verlierer wird zusätzlich noch eine moralische Schuld als Sahnehäubchen verordnet. Dieses Schulddiktat im menschlichen Miteinander dient jedoch nicht der Lösung des Problems, sondern einer zukünftigen, jederzeit einklagbaren Unterwerfung des Verlierers. Die Zuweisung der moralischen Schuld ist für den Gewinner Mittel zum Zweck, sich selbst erhöhen, als den Integeren und Überlegeneren darstellen sowie sich Freiräume für seine zukünftigen Ziele schaffen. Kurz gesagt, den Ausbau seiner Macht zu festigen. Und da der Mensch so erschreckend vergesslich ist, weist der Sieger dem schuldig Gesprochenen zusätzlich negative Eigenschaften zu, die mit unterschiedlich gewürzten Ingredienzien würzt werden und permanent in die Köpfe der Menschen mittels Propaganda getröpfelt werden. Beliebt sind minderwertig, geistig unteres Niveau, grausam, unrein, schmarotzend, betrügend. Kurz gesagt, nicht befähigt in der menschlichen Gesellschaft Normen und Regeln einzuhalten, ein friedvolles Miteinander der Menschen auf gleichberechtigtem Niveau einzuhalten. Heute wird das kurzerhand mit „Rechts“ oder „Rassistisch“ belegt.
Ein I-Tüpfelchen ist der Verweis, dass diese amoralischen Verhaltensweisen des Verlierer genetisch verankerte Eigenschaften sind. Davon macht zum Beispiel die Antifa [1] aktuell reichlich Gebrauch, um jeden Andersdenkenden auszugrenzen und als ausrottbare Spezies zu klassifizieren.
Der Einzelne, die Gruppe, Rasse oder Religionsgemeinschaft, moralisch öffentlich gebrandmarkt, wird folgerichtig aus der menschlichen Gemeinschaft ausgestoßen. Das Mindeste was diesen Gebrandmarkten passieren kann, ist die gesellschaftliche Ächtung. Sie werden zu Paria.
In der Fußballwelt heißt das „Die Arschkarte ziehen“. Der Arschkarten-Inhaber muss das Spielfeld verlassen, unabhängig davon, wer wen denn wirklich gefoult hat oder gegen die Spielregeln eines fairen Miteinander verstoßen hat. Der Sieger legt die Normen fest.
Sofern der Beschuldigte nicht die besseren „Karten“ aus dem Hut zaubern kann, wie überlegene Stärke = Verbündete, die geballte Macht des Staates oder eine Armee; Unabhängigkeit = Finanzen; Freiräume zum Rückzug = geistig wie räumlich, fühlt er sich preisgegeben, entrechtet und in der aktuell gegebenen Situation auch nicht imstande den Spieß umzukehren.
Ist die moralische Degradierung gepaart mit einer Peitsche (Sanktionen), werden unterschiedlichste emotionale Reaktionen ausgelöst. Diese führen letztendlich zur scheinbaren Anerkennung der zugewiesenen Schuld mit unterwürfigem, willfährigem, resignierendem oder angstbesetztem Verhalten gegenüber dem Sieger.
In der modernen Psychologie wird dann dem einzelnen Menschen empfohlen, sich von der Schuld zu befreien. Man soll Verantwortung für sein Leben übernehmen und es selbst gestalten. Das wirke schuldbefreiend. Das mag ja im Einzelfall klappen. Etwas slapstickartig formuliert: obwohl die Schuld am Scheitern des Projektes am miesen Management lag, schiebt mein Chef mir die Schuld zu. Nun gut. Dann suche ich mir eben einen neuen Job oder mache selbst eine Firma auf und verwirkliche das Projekt. Viel Spaß, bei der Jobsuche oder dem Angeln von „seriösen“ Geldgebern für das Projekt möchte man rufen. Jedem springt ins Auge, dass dies auch im Individualengagement nur in den seltensten Fällen klappt.
In der Ethik geht der Philosoph Jaspers [2] sogar soweit, dass ohnehin jeder Bürger dafür verantwortlich zeichnet, moralisch dafür geradezustehen hat, was passiert, da er die Regierung mitwählt, ergo mitschuldig an den Ereignissen ist. Jedoch beweisen selbst demokratisch gewählte Regierungen, dass der Einzelne keine direkte Entscheidungsgewalt auf Geschehnisse hat. Politiker oder Souveräne rufen nicht die Gemeinschaft an, ob sie in den Krieg ziehen will oder Kriegsgerät verkaufen sollen. Kein Parlament fühlt sich bemüßigt eine Volksbefragung durchzuführen, ob die Grenzen für einen ungebremsten Zustrom von Flüchtlingen in Europa Sinn macht, wie 2015 geschehen oder der 2018 in Marrakesch ratifizierte global pact of migration genetisch und epigenetisch sinnvoll ist oder ein einmaliges Experiment mit Verwerfungen darstellt. Die geschichtlichen Ereignisse beweisen, dass dieses nach dem 2. Weltkrieg aufgestellte ethisch-moralische Postulat von Karl Jaspers in der Realität keinen Bestand hat.
In Gemeinschaften, ob religiös oder säkular, ob Sportmannschaft, Clan, Ethnie, Dorf, Nation oder Staatengemeinschaft überwiegt folgerichtig das Gefühl des Ausgestoßenseins, sofern einem eine gleichberechtigte Teilnahme am nächsten Zusammentreffen verweigert wird. Bewusst oder unbewusst bleibt die Zielstellung der aus der Gemeinschaft Ausgestossenden, den Schwarzen Peter einem Staffellauf gleichend weiterzugeben. Es wird Revanche gefordert. Das kann lauthals erfolgen, aber auch in konspirativer Form langfristig geplant werden. Brillant wird dies durch die Klassiker des Kommunismus angewendet. Lenin studiert die Theorie des Militärhistorikers von Clausewitz [3] und passt dessen Strategie und Taktik auf die revolutionäre Umwälzung zur Machterlangung der Arbeiterklasse an.
Die Strategie bündelt die Hauptkräfte und legt die langfristigen Ziele fest. Heute würde man dazu sagen, die Strategie dient dazu, ein nationales wie internationales Netzwerk aufzubauen oder Monopole zu bilden.
Die Taktik hingegen ist das alltägliche operative Geschäft, um seinem Ziel peu à peu näher zu kommen. Die Taktik wird der jeweiligen nationalen oder internationalen Situation angepasst. Man heult mit den Wölfen, wenn es sein muss, schäkert mit Kapitalisten, setzt sich in deren Aufsichtsräte, handelt wider den Interessen der Arbeiterschaft, wenn es notwendig ist, denn dem höheren Ziel muss man Opfer bringen. Doch genug über kommunistische Strategie und Taktik.
Dieses Prinzip, den Peiniger zum Gepeinigten werden zulassen, lässt sich auf jede Gruppe, Klasse oder Ethnie wie Nation anwenden, die eine Umwälzung, eine Weitergabe des „Schwarzen Peter“ erreichen will. Das ist das Denken in alten Pfaden. Wenn du den Kontrahenten nicht ausschalten kannst, finde die individuelle, ethnische, religiöse oder nationale Achillesferse des Peiniger. Mache diesen über seine Schwächen abhängig und degradiere den zu Unterjochenden zu einer Marionette, die nach deiner Pfeife tanzt.
Diese Perversion des Janusgesicht nimmt mit dem Schwarzen Peter Spiel seinen Anfang als das jüdische Volk, als erstes in der Geschichte der Menschheit, allein aus religiösen Kompetenzstreitigkeiten aus der menschlichen Gemeinschaft ausgestoßen wird und verstreut in Ghettos in der Diaspora leben muss. Die religiöse christliche Elite und die Obrigkeit, die dem Volk die sieben Sünden auferlegt, von denen eine das Zinsverbot ist, benutzen jedoch die Hofjuden um ihren unstillbaren Begehrlichkeiten zu frönen. Das Gleichnis zum Bibelvers Matthäus Vers 26/41 „Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach“ liegt auf der Hand. Treffender ist jedoch „Der Geist wird käuflich, da das Fleisch schwach ist“.
So gesteht 1179 Papst Alexander III trotz der inhumanen bestehenden Einschränkungen (wohnen in Judengassen, einheitliche Kleidung, damit Juden außerhalb der Gasse sofort erkennbar sind) den Juden das Recht zu, Geld gegen Zinsen verleihen zu dürfen. 1215 wird von Papst Innozenz III. das Recht „Wucher“ zu betreiben, mehr zu verlangen als man leiht, für Juden sogar im „Kanonisches Zinsverbot“ verankert. Aber dann passiert das Verrückte: der Ausgestoßene, der Inhaber des Schwarzen Peter, manipuliert den Peiniger. Ein Paradoxon, dass erst durch das Geld möglich gemacht wird. Damit ist der Jude nicht nur ein Paria, ein Ausgestoßener aus der Gemeinschaft, sondern er mutiert zum Peiniger. Wie schreibt Theodor Herzl [4] 1896 in seinem Buch „Der Judenstaat“: „Der auf uns ausgeübte Druck macht uns nicht besser. Wir sind nicht anders als die anderen Menschen. Wir lieben unsere Feinde nicht, das ist ganz wahr. Aber nur wer sich selbst zu überwinden vermag, darf es uns vorwerfen. Der Druck erzeugt bei uns natürlich eine Feindseligkeit gegen unsere Bedränger – und unsere Feindseligkeit steigert wieder den Druck. Aus diesem Kreislauf herauszukommen, ist unmöglich.“ Aber wir müssen aus diesem Kreislauf herauskommen. Das Schwarze Peter Spiel, dieses Ewige „ich bin besser als die anderen, ich habe die bessere Religion, mein Geld kann alles und jeden kaufen“ muss ein Ende finden.
Warum?
Die Menschen stehen an einem katastrophalen Scheideweg. Wir haben die Potenz erreicht, uns dank der Massenvernichtungsmittel komplett zu vernichten, durch die Entwicklung künstlicher Intelligenz auszulöschen oder uns mit dem Islam in das tiefste Mittelalter zurück zu katapultieren.
Es ist überfällig, dass wir uns die eingangs gestellte Frage beantworten. Welche Richtung wollen wir einschlagen? Respect each other oder weiterhin Schwarzes Peter Spiel. Doch bis wir die Antwort der Gemeinsamkeit moralischen Werte nicht gefunden haben und vor allem leben, sollten die Menschen sich in ihre angestammten Räume zurückziehen. Der Globus ist groß genug und Moral ist keine Einbahnstraße, sondern heißt, um Immanuel Kant [5] etwas salopp zu zieren: moralische Gesetze gelten für alle vernünftigen Wesen gleichermaßen.
Literatur
- Antifa: Akronym für Antifaschistische Aktion) werden seit etwa 1980 linksradikale und autonome Gruppen und Organisationen bezeichnet, die Neonazismus, Antisemitismus, Rassismus, völkischen Nationalismus und rechtsgerichteten Geschichtsrevisionismus bekämpfen, besonders das Relativieren, Rechtfertigen oder Verharmlosen des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen
- Karl Jaspers*1883 † 1969, deutscher Philosoph, Psychiater, https://www.dhm.de/lemo/biografie/karl-jaspers
- Carl von Clausewitz *1780, † 1831, preußischer Generalmajor, Heeresreformer, Militärwissenschaftler, Militärwissenschaftsethiker; Carl von Clausewitz, Vom Kriege, https://www.clausewitz-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2014/12/VomKriege-a4.pdf
- Theodor Herzl *1860; † 1904; jüdisch-österreichisch-ungarischer Schriftsteller; Begründer des politischen Zionismus; Vordenker für den Staat Israel; Buch Der Judenstaat (erschienen 1896), Manesse-Verlag, 1988, ISBN-10: 3717581333; iBooks
- Immanuel Kant *1724; † 1804, deutscher Philosoph der Aufklärung