Es wird Zeit unsere Erinnerungskultur zu überarbeiten.

September 2018 betitelt der Chefredakteur der „Welt” Poschardt einen Artikel  mit „Nazis, überall nur noch Nazis” und mäandert durch seine Kolumne, in dem er versucht, uns über Andeutungen und Umwege das allgegenwärtige Thema „Nazis“ zu vermitteln. Da liest man so kryptischen Sätze wie „Nach den Pogromen von Chemnitz… Gauland und Lafontaine baden im Meer der Abneigung seitens des Establishments. Das Meer lässt sie nach oben treiben. Provokant könnte man sagen, dass die neue misandrische Leitkultur schon passend hysterisch daherkommt. Hysterisch-protestantisch. “

Muss man vielleicht nicht verstehen, was der Autor unter einer misandrischen (männerhassenden) Leitkultur, „hysterisch-protestantisch“ und „nach den Pogromen von Chemnitz“ definiert. Bezieht er das auf Alexander Gauland, der 1945 vier Jahre alt ist, in der DDR aufwächst und 1959 aus der DDR flüchtet, da ihm ein Studienplatz verwehrt wird? Gauland, der zwar sagt, dass er aus familiärer Tradition Mitglied der evangelischen Kirche ist (die Tochter ist evangelische Pfarrerin), der sich aber den Kirchen nicht verbunden fühlt und in einem Interview mit der „Zeit“ 2016 sagt „Vor allem die evangelische Kirche ist mir höchst unsympathisch. Sie hat sich seit Luther immer dem Staat und dessen Eliten angedient“.  Hat wirklich nur die evangelische Kirche dem Nationalsozialismus gedient, möchte man Gauland zurufen?

Aber vielleicht zielt Poschardt mit „hysterisch-protestantisch“ auf Oskar Lafontaine ab? Schließlich gilt es das per Staatsdoktrin zu „rechts“ und „links“ erklärte Spektrum zu katalogisieren und nicht die Erinnerungskultur an die Nazi-Zeit zu objektivieren. Lafontaine ist römisch katholisch erzogen und am Bischöflichen Konvikt Prüm zur männlichen Reife gelangt. Lafontaine der eher den Papst Franziskus verehrt, wie er in einem 2016 gegebenen Interview gegenüber Katholisch.de freudig zugibt. Und, wie jedermann weiß, Katholiken sind nun wahrlich seit Martin Luther (1483- 15 46) nicht auf der gleichen Wellenlinie mit den Protestanten und ihrem Reformator.

Höchst selbst von Martin Luther gibt es aber eine Schrift, auf die sich 1962 der Philosoph Karl Jaspers bezieht und schreibt:„Hitler hat Luthers Ratschläge gegen die Juden genau ausgeführt[…] „Was Hitler getan hat, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern.” Jaspers bezieht sich dabei auf das 7 Punkteprogramm der von Luther 1543 verfassten Schrift „Von Juden und ihren Lügen“. In dieser 150 Seiten umfassenden Schrift fordert Luther, Reformator der katholischen Kirche, Vater des Neuen Testamentes und der Protestantischen Kirche:

  • Das Verbrennen ihrer Synagogen
  • Zerstörung ihrer Häuser und Zwangsunterbringung
  • Wegnahme ihrer religiösen Bücher
  • Lehrverbot für Rabbiner bei Androhung der Todesstrafe
  • Aufhebung der Wegefreiheit
  • Zwangsenteignung
  • Zwangsarbeit

Auf dieses lutherische Pamphlet bezieht sich Hitler, indem er schreibt: „So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“

Und Seite an Seite mit Hitler, dem Vater des bisher größten Genozid an Juden, kämpfen evangelische Würdenträger und bejubeln das antisemitische Vorgehen nahezu frenetisch. In der Nacht vor Luthers Geburtstag, am 9. November 1938, auch als Reichspogrom oder Reichskristallnacht in die Geschichte eingegangen, brennen die Synagogen und auch das begrüßt nicht nur der evangelische Landesbischof Martin Sasse enthusiastisch. Doch damit nicht genug. Nicht nur zum 50. Geburtstag Hitlers sendet die evangelischen Kirche ein weiteres wichtiges Signal  an die Bevölkerung, an ihre 41 Millionen Schäfchen, mit dem sie zur absoluten Loyalität gegenüber dem Führer Adolf Hitler auffordert.

„Mit dem gesamten deutschen Volke feiert die evangelische Kirche am 20. April in jubelnder Freude den fünfzigsten Geburtstag unseres Führers. In ihm hat Gott dem deutschen Volke einen wahren Wundermann geschenkt, wie Martin Luther die Großen nannte, die Gott nach seinem freien Rat und Willen je und dann aussendet, dass sie in der Weite und Tiefe der Geschichte mächtig hineinwirken, dass sie ihrem Volke und der Welt neue Ziele weisen, Bahnbrechen in eine lebendige Zukunft und ein neues Zeitalter heraufführen“

Wer mehr zur medialen evangelischen Massenbeeinflussung in der Zeit von 1933 bis 1941 wissen will, dem empfehle ich auch die Promotionsarbeit von Beate Albrechts, 2002, der Universität Hannover, in der anhand von “opinion leader” Zeitungen die Haltung der Evangelischen Kirche zum NS-Regime belegt wird.  “Die 2. Nationalsynode vom 9.8.1934 vollendete die Gleichschaltungspolitik. Alle Geistlichen werden auf die nationalsozialistische Weltanschauung eingeschworen.” und 1935 in der JK 3/1935: “Wenn das ev. Deutschland das Werk Adolf Hitlers freudig begrüßt hat, wenn es sich der von ihm geführten Bewegung begeistert zur Verfügung gestellt hat, so geschah es in der zweifachen Hoffnung und Gewissheit: hier hat Gott einen Mann zu geschichtlichem Handeln berufen, der unser Volk befreien darf, sowohl von der antichristlichen wie von der anarchistischen Gefahr des Bolschewismus. Darum war der Jubel echt und der Dank ehrlich, mit dem das deutsche Luthertum, der deutsche Protestantismus die große Zeitenwende bejahte. (JK – Junge Kirche: Halbmonatsschrift für reformatorisches Christentum, Göttingen, (1933 – 1941). Göttingen. Archiv des Landeskirchenamtes Hannover 3/1935)

Da muss sich doch Poschardt eher an die Nase fassen, wenn er Maaßens Unabgestimmtheit mit der Kanzlerin als eine weitere Provokation bezeichnet. 

Aber auch die katholische Kirche lässt sich nicht lumpen, Hitler zu preisen. 1941 verkündet Bischof Maximilian Kaller:

„Mit Bewunderung schauen wir auf unser Heer, das in heldenhaftem Ringen unter hervorragender Führung beispiellose Erfolge erzielte und weiterhin erzielt. Wir danken Gott für seinen Beistand […] Gerade als gläubige Christen stehen wir treu zu unserem Führer, der mit sicherer Hand die Geschicke unseres Volkes leitet.“ (Die Zeit 1965)

Nebenbei, 2003 wird Kaller selig gesprochen.

Die evangelische Kirchenführer wissen sich eins mit Hitler und seinen Schergen. Die katholische Kirche taktiert um des Überlebenswillen mit denselben, fordert in Konzentrationslagern dazu auf „Gott möge Volk, Vaterland und das Aufbauwerk des neuen Reiches segnen“. Andererseits erlässt 1937 Papst Pius XI den Hirtenbrief „ Mit brennender Sorge“, aber Kriegverweigerern werden die Sakramente verweigert. Erzbischof Jaeger erklärt den Krieg gegen die Sowjetunion 1941 zu einem Kreuzzug gegen die „Untermenschen“ und die Sowjetunion als ein Land, dessen Menschen durch ihre Gottfeindlichkeit und durch ihren Christushaß fast zu Tieren entartet sind. Dennoch wird das 1933 geschlossene Reichskonkordat nie gekündigt, obwohl über 4000 Priester, Nonnen und Mönche in Konzentrationslagern verschwinden, ermordet werden oder Predigtverbot erhalten. Das Reichskonkordat hat heute noch Gültigkeit. Bischof Dr. Wilhelm Berning, Mitglied der katholischen Zentrumspartei, die auch mit seiner Stimme Hitler die Präsidialmacht verschafft, bleibt bis 1955 in Amt und Würden und wird in einem neuen Buch reingewaschen. Begründung, Bischof Berning war „tief verletzt über Hitlers Lügen“

Aber darauf geht der Journalist nicht ein. Als Vertreter der Massenmedien, der vierten Gewalt in einer modernen Gesellschaft wie es der Historiker Wolfrum bezeichnet, versucht er unsere Erinnerungskultur zu gestalten. Poschardt ist dabei die milde süffisante Form, die Erinnerungskultur im Sinne der Machthaber zu manipulieren. Der Gipfel verlogener Manipulation ist der Journalist Claas Relotius, der mit seiner erfundenen Story im Spiegel sogar die NS-Widerstandskämpfer der „Weißen Rose“ missbraucht, um zu belegen, dass Deutschland wieder von Nazis heimgesucht wird. Laut Interview sagte ihm die 99-Jährige Traute Lavrenz, letzte Überlebende der NS-Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl „Deutsche, die streckten auf offener Straße den rechten Arm zum Hitlergruß, wie früher“ und ihr sei „ganz kalt geworden“ als sie das Bild in einer US amerikanischen Zeitschrift gesehen habe.  Alles erstunken und erlogen. Es gab weder das Bild aus Chemnitz noch die Aussage von Lavrenz dazu.

Es bleibt aber nicht hängen, ob der verlogene Journalist sich vor sich selbst ekelte als er so schön flüssig und stilvoll seine Lügen niederschrieb. Es bleibt nicht hängen, dass ein bisher als seriös geltendes Magazin wie „Der Spiegel“ und die den Schlawiner mit zahlreichen Auszeichnungen ehrenden Journalisten ein bedauerndes Statements abgeben.

Hängen bleibt, „Nazis, überall nur Nazis“. Hängen bleibt, Chemnitz ist eine rechtsradikale, Hetzjagden auf Ausländer veranstaltende Stadt. Das wiederum inspiriert Menschen mit irgendeinem anonymen, albernen Fantasienamen „Nazi-Opa Gauland“ zu twittern, sich unter dem Hashtag „Nazis raus“  zu Gruppen zusammenschließen oder gar 2019 den Namen „Dresden Nazifrei“ zu kreieren. Allein während ich das schreibe, wurden in einer Stunde 730 Tweet mit Nazi abgesetzt.

Aber und das scheinen diese Menschen zu übersehen, die Erinnerungskultur wird im Interesse der aktuellen Politik manipuliert, um die Bürger gezielt zu desinformieren. Ein Stilmittel, das nicht erst unter der aktuellen Regierung erfunden wurde, sondern Tradition hat.

Erinnerungskultur, die im engen Begriffsverständnis durch den Historiker Hans Hockerts als lockerer Sammelbegriff „für die Gesamtheit des nicht spezifisch wissenschaftlichen Gebrauchs der Geschichte in der Öffentlichkeit – mit den verschiedensten Mitteln und für die verschiedensten Zwecke” definiert wird. Dieses einseitige Erinnern, dass erst im 20. Jahrhundert exzessiv vorangetrieben wird, während davor vorwiegend die Kunst des Vergessens dominiert. Der Strom der Lethe, der als Daimon in der griechischen Mythologien noch bis zum 1. Weltkrieg als friedensstiftender Standard dient, dieses Schwamm darüber, vergessen wir unsere Streitigkeiten, schließen wir einen Friedensvertrag und starten neu, scheint vorbei. Durch die vom Altertum bis vor Ende des 1. Weltkrieges 1918 geltende Oblivationsklausel/Oblivionsklausel (lateinisch oblivisci: vergessen) sollen Ursache und Folgen eines Krieges vergessen und vergeben sein.

Bekanntermaßen hat das „Schwamm über das Unrecht“ die Menschheit seit dem Altertum nicht gelehrt mit dem Völkermorden oder dem Mord Andersdenkender aufzuhören. Der „kreative Unternehmergeist“ wie es Theodor Herzl so schön in seinem Buch „Der Judenstaat“ beschreibt, scheint keine Grenzen dualer Nutzung zu kennen. Selbst scheinbar gut gemeinter Unternehmergeist à la Nobel, verkauft sein von ihm 1864 erfundenes Knallquecksilber und seine Sprengkapseln an Rüstungsunternehmer, damit Kriege geführt werden. Nobel frönt dieser dualen Verwendung seines Dynamits, um ein reicher Mann zu werden, damit heute der Welt der Friedensnobelpreis u.a. gestiftet werden kann. Nach Nobel soll Dynamit modernste Hochrüstung abschrecken. Ein fataler Irrtum. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der „kreativen Unternehmergeist“ erneut seine Synapsen springen lässt, um das Waffenarsenal mit einem noch effizienteren Zerstörungsmittel zu beglücken und das natürlich auszuprobieren versucht. Im 1. Weltkrieg erfolgt dies mit dem ersten systematische Einsatz des Giftgas Chlor. Der jüdisch-deutsche Nobelpreisträger Fritz Haber ist der Erfinder und wird als Vater des Gaskrieges bezeichnet. Es soll die ultimative Waffe sein, um den Gegner in die Knie zu zwingen.

Es ist daher wahrlich an der Zeit, die Vergessensklausel ad acta zu legen, wenn die Menschen sich nicht ausrotten wollen und wie es Alain Guéry betitelt „Vergessen wurde zum Skandalon, Erinnerung zur Pflicht.“  Erinnerung ist heute die „Pathosformel“ der Gegenwart.

„Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“

lässt Goethe bereits 1808 seinen Faust in der Tragödie erster Teil sagen. Denn woran wir uns erinnern dürfen, sollen, müssen, wird vorgegeben. Das beschreibt der  Politwissenschaftler Münkler lakonisch als „Mit der Auswahl, was und wie erinnert wird, und der Inszenierung des Erinnerns an vergangene politische Ereignisse wird gegenwärtige politische Ordnung gedeutet und legitimiert“.

Bis zur Einführung des digitalen Zeitalters war die probateste Form, um den aktuellen Kurs der Politik zu legitimieren, zu festigen, Andersdenkende ausgeschalten oder zu verunglimpfen, Zeitdokumente unter Schluss zu halten. Diese werden nur peu à peu an Historiker freizugeben, um nach strenger Auswahl (Verschwörungstheorien, sprich andere Deutungen als die offizielle, sind tunlichst als solche zu brandmarken) durch berufene Münder (Politiker oder Massenmedien) zu interpretieren. Das ist wie Pawlow‘sche Konditionierung und irgendwann hat das aktuell inflationär gebrauchte Wort Nazi keinerlei Bezug mehr zu geschichtlichen Fakten. Es degradiert zum allumfassenden Schimpfwort, das Denjenigen, dem es an den Kopf geworfenen wird, in der Regel verstummen lässt. Wer will schon ein menschenverachtendes, widerwärtiges Stück Scheiße sein, wie es heute üblich wird in den sozialen Medien zu posten „#Nazi ist Scheiße.“ Nun mag man diesen Menschen und Politikern zugute halten, dass im Digitalzeitalter die Fähigkeit zur Kommunikation auf Glyphen und Fäkalsprache reduziert wird. Aber Nazis sind nicht Scheiße. Aus Scheiße kann man noch Energie machen. Nazis sind während der Zeit des Nationalsozialismus unmittelbar Mordende, deren Helfershelfer und die anordnenden oder koordinierenden Schreibtischtäter, die das Morden von geschätzten 13 bis 14 Millionen Unschuldigen zu verantworten haben, von denen  5-6 Millionen Juden sind. Die weitaus größere Zahl der Ermordeten (7- 9 Millionen) sind Nichtjuden [sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten (z. B. Blockade um Leningrad), nichtjüdische KZ-Häftlinge, Deutsche, Zwangsarbeiter, Deportierte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas; Freimaurer], Sinti und Roma (? 130.000-500.000 Ermordete) und  Euthanasie Opfer, die als unwertes Leben (Behinderte) zwangssterilisiert (400.000) und als erste im T4 Programm vergast werden (270.000  Ermordete).

Die Manipulation der Erinnerungskultur geht aber noch einen Schritt weiter. Maas und Schäuble zeigen sich schockiert, dass viele Jugendliche kaum mehr etwas über den Holocaust wissen. Offenbaren sich hier desgleichen Engen im Kopf? Denn, die alleinige Erinnerungskultur an den Holocaust, die Ermordung von Juden, ist nicht das Schutzschild vor der Wiederkehr von Gräueltaten wider der Menschlichkeit wie die Gegenwart beweist. Der „Blutige Terror als Herrschaftsstrategie im Weltanschauungskrieg“ wie es Delacor bezeichnet, muss daher umfassend in der Erinnerungskultur Eingang finden und nicht einer einseitigen Auswahl Betrachtung finden, wer dem Genozid oder besser noch einem Demozid zum Opfer gefallen ist. Der deutsch-israelische Historiker Alex Bein hat daher auch den umfassenderen Begriff Annihilation of human by the human = Ausrottung des Menschen durch den Menschen vorgeschlagen und ist gescheitert. Dieser Begriff oder auch die Bezeichnung „Demozid“ würde aber endlich alle Ermordeten gleichstellen. Bis heute gibt es keine Gleichstellung der Opfer. Erst im Januar 2017! gedenkt der Bundestag erstmals der fast 300.000 „entsorgten“ Euthanasieopfer

Es ist an der Zeit, dass die Gleichstellung aller unschuldig Ermordeten geleitet wird. Die Würde des Menschen ist nicht in unterschiedlichen Schubladen anzusiedelnden, die einer Gruppe mehr gedenkt oder finanziell im Rahmen einer Wiedergutmachung entschädigt. Die Würde des Menschen hat keinen Preis, wie Immanuel Kant treffend formuliert.

Nicht das Gedankengut, die Mitgliedschaft in einer Partei oder Organisation macht den Nazi wie suggeriert wird. Oder will jemand das NSDAP Mitglied Oskar Schindler, der als Gerechter dieser Welt ausgezeichnet wurde, als Nazi bezeichnen? Den SS Unterscharführer „Alfons Zündler, der in der Amsterdamer Schouwburg, 600 niederländischen jüdischen Kindern zur Flucht verhilft, so dass diese von niederländischen Widerstandskämpfern in Sicherheit gebracht werden können. Selbst jüdischen Erwachsenen gelingt mit seiner Hilfe, durch Fehlzählungen vor dem Abtransport, aus den Auffanglagern zu fliehen“, um nur zwei Beispiele aus einer Vielzahl zu benennen.

Es ist daher an der Zeit die Mechanismus zu analysieren oder wie der  französische Historiker Guéry sagt:

„Ein Historiker kann einer Formel wie ‚Europa wurde in Auschwitz geboren‘ nicht zustimmen. Mit ihr wird die ganze – auch glanzvolle – Geschichte Europas vor Auschwitz mit einem Schlag annulliert, während doch das historische Problem gerade darin besteht zu verstehen… Nur so wird es gelingen, in unserer Geschichte einen neuen Anhalts- und politischen Ausgangspunkt zu finden.“ 

Wir müssen das Warum der Katastrophen verstehen. Auch warum der Vertreter Australiens auf der Evian Konferenz im Juli 1938 die Stellungnahme abgibt: „In der gegenwärtigen Situation kann Australien nicht mehr tun… Da bei uns kein wirkliches Rassenproblem existiert, haben wir auch nicht vor, ein solches zu importieren“ (Yadvashem) und nach und nach alle 32 teilnehmenden Länder den 500.000 bedrohten Juden aus Deutschland und Österreich die Migration in ihre Länder verweigern. Jochen Thies bezeichnet das in seinem Buch „Evian 1938: Als die Welt die Juden verriet“ oder wie ich es bezeichne „die Rettung der Juden stand nicht auf der Agenda der Alliierten“. Aber was ist die Ursache dafür? Die fürchterliche Geldmacht, wie es Herzl bezeichnet? Der seit Jahrtausenden währende Kampf der monotheistischen Religionen, wer ist besser? Es wird Zeit, dass wir uns diesen Fragen stellen und nicht als Konsequenz aus der Evian Konferenz in das genaue Gegenteil verfallen, jeden unter dem Slogan No Nations – No Borders migrieren zu lassen. Das beschwört nicht nur in Europa die nächste Katastrophe herauf. Daher gebe ich Poschardt völlig recht, wenn er zum Abschluss in seinem Artikel schreibt „… diese Art von toxischer Kommunikation vergiftet das Land[…] “ und ist zudem historisch falsch, ein Denken in alten Bahnen, Zünder für das nächste Desaster.

Literatur

Karl-Heinz Büchner, Bernd P. Kammermeier et al. (Hrsg.):Martin Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Alibri , 2016, ISBN 978-3-86569-196-5“

Karl Jaspers: Philosophie und Welt, Piper-Verlag, 1958, ASIN B0000BJQO0

Adolf Hitler: Mein Kampf, Band I, 20. Auflage, Verlag Franz Eber Nachfolge, München, 1933

Erlass im Gesetzblatt der Evangelischen Kirche 1939, in Detlev Stummeyer, Ute Stummmeyer: Paul Bosse, Seine Klinik in Wittenberg – unerwünschte Wahrheitssuche, Books on demand GmbH, 2015, ISBN 978-3-7386-8883-2.

http://www.zeit.de/1965/23/die-katholische-kirche-unter-hitler, Lewy Guenter und Hildegard Schulz, Die katholische Kirche und das Dritte Reich, München : Piper, 1965, ASIN: B00CMYSVRQ.

Elke Suhr «Die Emslandlager – Die politische und wirtschaftliche Bedeutung der emsländischen Konzentrations- und Strafgefangenenlager 1933-1945, Edition Temmen, 1995, ISBN 3926958073

Heinz-Albert Raem: Pius XI. und der Nationalsozialismus. Die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ vom 14. März 1937. Schöningh, 1979, ISBN 3-506-70734-5.

Georg May: Kirchenkampf oder Katholikenverfolgung?: Ein Beitrag zu dem gegenseitigen Verhältnis von Nationalsozialismus und christlichen Bekenntnissen, Christiana, 1991, ISBN 371710942

Bischof Dr. Wilhelm Berning, Mitglied der katholischen Zentrumspartei, die auch mit seiner Stimme Hitler die Präsidialmacht verschafft, bleibt bis 1955 in Amt und Würden und wird in einem neuen Buch reingewaschen. Begründung, Berning war „tief verletzt über Hitlers Lügen

Hans Günter Hockerts, Zugänge zur Zeitgeschichte. Primärerfahrung, Erinnerungskultur, Geschichtswissenschaft, in: Konrad H. Jarausch/Martin Sabrow (Hrsg.), Verletztes Gedächtnis. Erinnerungskultur und Zeitgeschichte im Konflikt, Frankfurt a.M. 2002, S. 39-73, hier S. 41.

Theodor Herz:, „Der Judenstaat – Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage, produced by Jana Srna, Gutenberg EBook, May, 2009, [EBook #28865], Original M. Breitenstein‘s Verlag-Buchhandlung Wien, IX, Währingstrasse 5, 1896

Alain Guery: Erinnerungspolitik und Pflicht zur Geschichte, in: Transit 30 (2005), S. 124-135.

Martin Sabrow: Die Lust an der Vergangenheit. Kommentar zu Aleida Assmann, in: Zeithistorische Forschungen/ Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 4 (2007) 3, S. 386—392, hier S. 386

Herfried Münkler: Die Deutschen und ihre Mythen, Berlin 2009; Andreas Dörner: Der Mythos der nationalen Einheit. Symbolpolitik und Deutungskämpfe bei der Einweihung des Hermannsdenkmals im Jahre 1875, in: Archiv für Kulturgeschichte 79 (1997) 2, S. 389-416

Hellmuth Auerbach: Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In: Wolfgang Benz (Hg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte. Dtv, Neuauflage 1992, ISBN 3-423-04666-X

Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1939–1945. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15158-5

Regina M. Delacor: Attentate und Repressionen. Ausgewählte Dokumente zur zyklischen Eskalation des NS-Terrors im besetzten Frankreich 1941/42, Instrumenta Band 4, Deutschen Historischen Institut Paris, ISBN: 978-3-7995-7268-2 S.30“

Alex Bein: Die Judenfrage. Band 2: Anmerkungen, Exkurse, Register. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3421019630, S. 301

Alain Guéry, Erinnerungspolitik und Pflicht zur Geschichte, in: Transit 30 (Winter 2005/2006), S. 124–135, hier S. 135

Jochen Thies: Evian 1938: Als die Welt die Juden verriet, Verlag: Klartext; Auflage: 1 (6. Dezember 2017), ISBN-10: 3837519090

Elke Austenat: Die Schuldfrage dringend klären, 2018, ISBN-10: 3946081207

Share This