Geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Sprache
Mit “Gendern”, Spitzname für “geschlechtergerechte Sprache”, ist man angeblich auf der richtigen Spur, niemanden mehr zu diskriminieren und unabhängig vom Geschlecht, Gleichberechtigung zu zelebrieren. So zumindest behaupten es die Befürworter, die sich bemühen, die geschlechterspezifische deutsche Sprache neu zu gestalten. Nur zur Info, nahezu alle romanischen Sprachen, die in irgendeiner Weise auf das Volkslatein oder Vulgärlatein zurückgehen, sind geschlechterspezifisch.
Doch zurück zur deutschen Sprache, die auf einen indogermanischen Ursprung zurückgeführt wird und sich bereits vor Christi als eigenständige Form – germanisch – losgelöst haben soll. (siehe auch hier).
Bekanntermaßen gibt es in der deutschen Sprache nur zwei Geschlechter und das Neutrum – “Was ist ES?” – “ ES ist ein Subjekt, dass sich noch nicht entscheiden kann oder darf, welches Geschlecht für ES zutreffend ist”.
Spass beiseite. Allein bei der Festlegung des Geschlechtes wird eine Mannigfaltigkeit propagiert, die an Diversem nicht mehr zu überbieten ist. Nicht-binär ist das Zauberwort und in Fetischistenkreisen werden bis zu 72 unterschiedliche Geschlechter gezählt. Genderqueer, agender, genderfluid, pangender…
In Deutschland, so liest man, enthält das Achte Sozialgesetzbuch seit Juni 2021 im §9 “Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von jungen Menschen unter Ziff 3: “die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen, Jungen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern”.
Ältere Menschen werden zwar nicht gefördert, können aber nach dem neuen, 2022 geplanten Selbstbestimmungsgesetz, das das “entwürdigende” Transsexuellengesetz ablöst, ihren Vornamen und ihr Geschlecht ab voraussichtlich 2. Halbjahr 2023 selbst bestimmen. Wer Spass hat, kann sich das im Juni 2022 vorgestellte “Eckpunktepapier” zu Gemüte stehen, aber außer allgemeinen Absichtserklärungen steht da nicht wirklich etwas drin. Man findet nicht einmal, wie oft man sein Geschlecht, in den Personalpapieren wechseln darf.
Aber das ist nicht das Thema, sondern die geschlechtsgerechte und diskriminierungsfreie Sprache. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es dazu unendlich viele Möglichkeiten sich dem modernen Trend per Sprachanpassung zu nähern, ohne anzuecken.
- Die neutrale Formulierung: Mitarbeitende
Immer gut und ein richtiger Weg. Nachteil, die deutsche Sprache, eine schwere Sprache wie behauptet wird, lässt nicht überall diese neutrale Version verwenden, ohne dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlt. So muss die Deutsche Bahn ihre Fahrgäste ab 2023 genderneutral ansprechen, so ein Gerichtsurteil aus Hessen, aber ist “divers” wirklich genderneutral?
- Die Paarform: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Diese Form ist zwar amtlich zugelassen, habe aber den Nachteil, so die Gender-Sprachwissenschaftler, dass nur zwei Geschlechter erfasst werden und es aufwendig ist, beide Geschlechter immer zu erwähnen.
So geht es mühselig weiter. Probleme über Probleme: das sei nicht Teil der amtlichen Rechtschreibung; dieses sei nicht barierrefrei und obendrein nicht gut zu lesen, geschweige denn auszusprechen; das bilde nur zwei Geschlechter ab, obwohl ja endlich anerkannt sei, dass es unzählige Geschlechter geben würde. Da helfen die nächsten Schreib- und Sprach-Variationen auch nicht wirklich das Tohuwabohu zu minimieren. Vorgeschlagen sind:
- Trennung durch Schrägstrich: Mitarbeiter/-innen
- Die Sternchen-Variante: Mitarbeiter*innen
- Der Unterstrich: Mitarbeiter_innen
- Die Doppelpunkt-methode: Mitarbeiter:innen
- Die Binnen_I Methode: einE PolizistIn
- Das @-Zeichen als Beliebigkeit für das Geschlecht (Spanien hantiert damit bereits): tod@s l@s niñ@s” statt „todos los niños” (alle Kinder)
Zum Teil entstehen unglaubliche Zungenbrecher, die an eine Satire-Show mit Loriot und Evelyn Hamann erinnern, einer puren Verhohnepipelung gleichen. Oder diese Genderei entartet zu einer Schreibjongliererei, die nicht ohne einen Krampf in den Fingern zu bekommen, überstanden wird, es sei denn, man lässt ein Schreibprogramm (Gendern mit maschineller Übersetzung) darüber laufen.
Zum Teil werden sogar noch viel verrücktere Plausibilitäts-Lesereien angeraten. Man soll die neue Wortschöpfung von vorn bis hinten lesen, ob es denn noch sinnvoll, vollständig und grammatikalisch korrekt ist, ob es dann noch den gebotenen Sinn ergibt, nicht zu diskriminieren und geschlechtsneutral zu sein. Das ist in diesem Beispiel nicht der Fall.
- Kund_in → ‚Kund‘ ist kein Wort.
- Ärzt/-in → ‚Ärzt‘ ist kein Wort, die männliche Form ‚Arzt‘ fehlt. Na und die neutrale Form fehlt auch.
Schluss damit. Liebhaber von Zungenbrechern können gern weiter stöbern. Als Johann Wolfgang, wenn auch nicht so berühmt, aber dennoch meinem Namensvetter verpflichtet, fühle ich mich der Schönheit der deutschen Sprache verpflichtet, zumal dieser malträtierende Krampf der vorgegebenen Zielsetzung diametral entgegenwirkt.
Gendern mit Betonung der Unterschiede verstärkt die Ungleichheiten
Das ist eine Binsenweisheit und zusätzlich noch einmal explizit 2018 auf einem Forum der World Bank Group vorgetragen worden. So werden in dem Policy Research Talk zusammengefasst unter Story Highlights geschlechtsspezifische Sprache.
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- Das Forschungsprojekt hat die grammatikalische Geschlechterstruktur von über 4.366 Sprachen identifiziert, die 99 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.
- 38 Prozent der Weltbevölkerung sprechen eine geschlechtsspezifische Sprache. Geschlechtsspezifische Sprachen klassifizieren Objekte entweder als männlich oder weiblich (oder manchmal als sächlich).
- Geschlechtsspezifische Sprachen sind mit schlechteren Erwerbsbeteiligungsquoten für Frauen und regressiveren Geschlechternormen verbunden.
- „Geschlechtsspezifische Sprachen scheinen die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verringern und die Ungleichbehandlung von Frauen aufrechtzuerhalten”
Die Forscher beschreiben ihre Erkenntnis auf einem Forum der Weltbank 2018! wie folgt:
“Das grammatische Geschlecht ist mit einer fast 15-Prozentpunkt-Kluft bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen im Vergleich zu Männern verbunden, auch nachdem verschiedene geografische und wirtschaftliche Faktoren kontrolliert wurden, die den Unterschied vorantreiben könnten. In der Praxis könnten geschlechtsspezifische Sprachen dafür verantwortlich sein, dass 125 Millionen Frauen weltweit arbeitsuntätig sind. Die Einstellung zu Frauen wird auch von geschlechtsspezifischen Sprachen beeinflusst – was dazu beiträgt zu erklären, wie geschlechtsspezifische Sprachen in Ergebnisse wie eine geringere Erwerbsbeteiligung von Frauen übersetzt werden könnten…Grammatisches Geschlecht ist nur eine von vielen der sprachlichen Strukturen, die wir verwenden, und nur eine der vielen psychologischen Anstöße, die wir ständig erleben. Auch ohne die Sprache zu ändern, können Veränderungen in der Politik und den sozialen Normen das Niveau der Erwerbsbeteiligung, das Schulniveau und die Möglichkeiten für Frauen verändern.” (hier)
Schluss mit dem Gendern
Der Zwang, eine geschlechterspezifische Sprache noch weiter zu drillen, besser zu verhunzen, verringert die Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt, statt die Gleichberechtigung anzugleichen. Auch wenn es sich hübsch anhört, über eine Quotenregelung die Frauen zu “fördern”, ist diese Art der Förderung keine Chancengleichheit, sondern eine Almosenvergabe und häufig genug eine Fehlbesetzung.
Wenn Gleichberechtigung sein soll, dann muss man einfach Gleichberechtigung durchführen. Bekanntermaßen war und ist auch noch heute auf dem ehemaligen Territorium der DDR, den neuen Bundesländern die Ungleichheit deutlich geringer als in den Alten Bundesländern.
“Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben”,
so steht es in Artikel 7 der DDR–Verfassung vom Oktober 1949 geschrieben. Selbst wenn die Gleichberechtigung in der DDR nicht perfekt war, ist in puncto gender-pay-gap, die Gleichberechtigung der Bezahlung in den neuen Bundesländern, selbst 30 Jahre nach Mauerfall, immer noch perfekter als im vereinigten Deutschland. So titelt die Berliner Zeitung “Im Osten hat sich das geschlechtergerechte Gehaltssystem der DDR erhalten”, da die Statistiken genau das belegen.
Nie vergessen:
De Jure ist niemand verpflichtet, sich eine Schlaufe in die Zunge zu machen oder einen Text zu formulieren, der schon beim Überfliegen Sodbrennen verursacht (Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.03.2018 (Az.: VI ZR 143/17). Es ist also jedem selbst überlassen, ob er sich dieser Fehlentwicklung beugt. Pflegen wir stattdessen einen gepflegten Umgangston, Respekt voreinander, egal welches Geschlecht mit uns kommuniziert. Wie heißt es, die Würde des Menschen ist unantastbar. Achten Sie daher eher auf die Leistung der Person als auf dummes Geschwafel. Nur so geht ein positives Miteinander.
Die Sprache unterliegt einem ständigen Wandel, aber was hier dem Menschen aufgedrückt wird, ist weder orthographisch, noch grammatikalisch erträglich und vor allem verstärkt es die Ungleichheit der zwei Geschlechter. Wenn schon, dann macht es Sinn, wo immer möglich, das generische Maskulinum zu verwenden und jedem Menschen mit dem nötigen Respekt entgegenzutreten.
Unsere Empfehlung
Lassen wir die deutsche, genderspezifische Sprache fließend, poetisch, nicht holprig sein. Widmen wir uns stattdessen der wirklichen Gleichberechtigung von Männern, Frauen sowie Menschen mit psychisch divergierenden Geschlechtsfeeling zu ihren primären Geschlechtsmerkmalen und auch der Gleichberechtigung von Kindern. Denn, es wird wahrlich Zeit die Lücke zwischen den Geschlechtern zu schließen, aber das gelingt nicht dadurch, dass die Sprache verhunzt wird, sondern indem der gegenseitige Respekt, dem Kategorischen Imperativ, nach Immanuel Kant gefrönt wird. Es geht um den Platz in der Gesellschaft, nicht um eine Konditionierung des Wertgefühles, das sich über Sex, Kleidung oder Anrede definiert.
So schreibt die australische Professorin Jenny Graves: “Es ist wahrscheinlich, dass viele – vielleicht Hunderte – von Genen zusammenarbeiten, um eine große Bandbreite an sexuellen Identitäten zu erzeugen…. Sexuelle Identitätsgene müssen nicht auf Geschlechtschromosomen sein. Sie werden also nicht unbedingt “synchron” mit einem Y-Chromosom und einem SRY-Gen sein. Dies steht im Einklang mit den Beobachtungen, dass die Geschlechtsidentität vom biologischen Geschlecht getrennt werden kann” (hier) und, so sollte hinzufügt werden, was spielt die Geschlechtsidentität für eine Rolle? Keine! Denn wie heißt der Spruch “Ein bisschen BI schadet nie” oder was sollte uns die sexuelle Orientierung interessieren, solange es einvernehmlich zwischen eigenverantwortlich handelnden Menschen geschieht und das gesellschaftlichen Miteinander nicht stört. Es stört aber, wenn die die Menschen gezwungen werden, permanent die Unterschiede hervorzukehren, um die persönliche Wertschätzung über eine sprachliche Formulierung zu erlangen. Daher noch einmal die Empfehlung: Geschlechtssneutrale Sprache, wo immer es möglich ist, hilft der Gleichstellung und verringert das anerzogene duale Denken und Handeln in gesellschaftlich Schablonen.